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Die Erfahung zeigt, dass diese Jugendlichen langsamer lernen als nichtbehinderte Jugendliche, auch verzögert sich die Aneignung des Schulstoffes wegen häufiger Absenzen, die durch Rehabilitationsaufenthalten und Therapiestunden verursacht werden.

Zentrale Aussage des Artikels:

»Neben der Vertiefung des schulischen Wissens steht im 10. Schuljahr die Berufswahl im Mittelpunkt, wobei von einer »Wahl« kaum die Rede sein könne, wie Schulleiter Riedweg feststellt. Für behinderte Jugendliche sei es ganz besonders schwierig, nach der Schulzeit eine Anschlusslösung zu finden. In Frage kämen fast ausschliesslich Büroarbeitsplätze, Stellen im handwerklichen Bereich oder im Verkauf. Lehren und Anlehren seien fast nur im geschützten Rahmen möglich, also in Einrichtungen, die sich speziell an Behinderte richten. Die Anforderungen, die an Schulabgänger gestellt werden, würden allerdgins auch im geschützten Rahmen immer höher. Da es schwierig sei, Behinderte in die Wirtschaft einzugliedern, seien viele Ausbildungsstätten dazu übergegangen, die Zahl der Lehrstellen einzuschränken und Dauerarbeitsplätze anzubieten« (NZZ, Nr. 252, 28. 10. 04, S. 49).

Eine durchaus interessante Aussage angesichts sich ankündigender politischer Vorhaben, welche eine wachsende »individuelle Verantwortung« für behinderte Menschen postulieren. Diese Menschen erhalten offenbar aber in der heutigen Wirtschaft keine Chance, umso mehr sind sie aufgefordert, diese zu nutzen. So lautet die Botschaft des realen gesellschaftlichen Zynismus, der eine Folge davon ist, dass in dieser Gesellschaft die Menschen als Funktioin der Wirtschaft betrachtet werden, nicht aber die Wirtschaft als etwas, was für die Menschen dazu sein hat. Dabei wird verschleiert, dass diese Einrichtung zu Gunsten einer kleinen Gruppe von Menschen so eingerichtet ist, die daraus ihren Nutzen zieht, die Kosten haben die anderen Menschen zu tragen.

«Die Situation, ein behindertes Kind zu haben, bringe viele Eltern an die Grenze ihrer Belastbarkeit, stellt Isidor Riedweg fest. Wenn dazu noch ein andersartiger kultureller oder ein schwieriger sozialer Hintergrund kämme, wüssten sich die Eltern nicht immer selber zu helfen. Besonders, wenn es sich um bedürftige Familien handelt, sind der Schulleiter und die zwei Lehrer deshalb über ihre eigentlichen Aufgaben hinaus gefordert. So waren sie kürzlich behilflich, sofort eine neue Brille für einen Schüler zu beschaffen, dessen alte Sehhilfe zu Bruch gegangen war» (NZZ, Nr. 252, 28. 10. 04, S. 49.

Soll man lachen oder weinen ob dieser Geschichte oder nur ganz normal verzweifeln? Was ist den die »eigentliche« Aufgabe eines Lehrers in einer Schule? Inwiefern ist eine »Sonderschule« eine »besondere« Schule und was heisst das alles?

 

In der NZZ Nr. 253, vom 29. Oktober 2004, nimmt auf S. 15 der Zürcher Psychiatrieprofesser Daniel Hell unter der Sclalgzeile »Die Verrentung ist ein Alarmsignal« zur Frage der Zunahme »psychisch bedingten  der IV-Renten« Stellung.

Schon die Formulierung »psychisch bedingte IV-Renten« ist hilflos. Es sollte selbstverständlich heissen »politisch bedingte IV-Renten«, aber das kann zur Zeit im öffentlichen Raum nicht mehr gesagt werden, weil es nicht mehr imaginiert werden kann, offenbar nicht mehr denkbar ist. Die Hegemonie der herrschenden Klasse – welche in Wort aus dem letzten Jahrtausend, wird jeder sagen – ist inzwischen so gross, dass soziale Probleme nurmehr in den Kategorien ihrer Verwalter im Sozialstaat, also als in Individuen abgebildet gedacht werden können.

 

Professor Hell ist der Ansicht, die Schweiz sei besonders betroffen von den gesellschaftlichen Umwälzungen des letzten Jahrzehntes. Wenn er dieser Ansicht ist, dann müsste ihm doch hier in den Sinn kommen, dass gesellschaftliche Umwälzungen immer auch etwas zu tun haben mit politischer Dynamik.

Ein wichtiger Gründe für die Zunahme der psychischen Erkrankungen liegt für ihn der Arbeitswelt mit den Stichworten: Individualisierung, Rationalisierung, Flexibilisierung.

Hell hält fest: »In Zürich leben 52 % dieser Menschen allein in einer Wohnung. Die vermehrte Individualisierung führt heute dazu, dass sich Betroffene auch für die soziale verursachten Probleme verwantwortlich führen und deshalb versuchen, sich über ein medizinisches Krankheitsbild zu entlasen« (NZZ, Nr. 252, 29. Oktober 2004, S. 15).

 

Die Journalistin fragt den Professor nach seiner Einschätzung der 5. IV-Revision, die auf Früherkennung, Begleitung und Wiedereingliederung setzt, womit die Zahl der Neurenten um 10 % gesenkt werden soll.

Hell:

»Wir haben ein Strukturproblem. Es gibt kaum mehr Nischenarbeitsplätze. Ändeern könnte das ein anderes Wirtschaftsethos oder eine andere Wirtschafssituation. Die jetztige IV-Revision versucht das Mögliche zu tun. Es ist wichtig, möglichst frühzeitig IV-gefährdete Menschen zu erfassen und einzugliedern. Man muss die Betroffenen unterstützen, etwas durch «supported emplyment» (Begleitung und Unterstützung am Arbeitsplatz), mit dem man in Amerika gute Erfahrungen gemacht hat. Man muss für die Arbeitgeber Anreize schaffen, ihre Mitarbeiter zu halten. Behinderte wollen in der Regel keine IV. Die meisten Menschen, die ich kenne, würden alles darum geben, um wieder eine Arbeit zu finden. Eine sinnvolle Beschäftigung ist ein Schutz vor psychischer Erkrankung. Arbeitslosigkeit ist ein Angriff auf die psychische Gesundheit. Deshalb ist es so wichtig, die Menschen, wo immer es geht, am Arbeitsplatz zu halten.

Besteht bei der Früherkennung nicht die Gefahr, dass man noch schneller abgeschoben wird?

Wenn die Früherkennung nicht gekoppelt ist an einen enormen Ausbau der Massnahmen am Arbeitsplatz, dann ist sie ein Schlag ins Wasser mit schlimmen Folgen. Früherkennung ist nur sinnvoll, wenn die Betroffenen vor Ort unterstützt werden.

Ein Grossteil der Neurentner ist über 50 Jahre alt. Sind diese Personen überhaupt integrierbar?

Es ist schwieriger aber nicht unmöglich. Wenn man Prioritäten setzen muss, wäre es angezeigt, vor allem die Jüngeren zu schützen vor Arbeitsverlust oder Verrentung. Denn dort hinterlässt eine Behinderung die grössten Schäden«  (NZZ, Nr. 252, 29. Oktober 2004, S. 15).

 

Hier lohnt es sich genau hinzuschauen, was der Professor Hell sagt:

Arbeitslosigkeit sei ein Angriff auf die psychische Gesundheit. Er verwendet eine militärische Metapher, wenn er von Angriff spricht, es geht also um Krieg und so muss gefragt werden, wer denn gegen wen Krieg führt und angreift. Jemand wird angegriffen, die psychische Gesundheit nämlich, wenn der Mensch seine Arbeit verliert. Gleichzeitig spricht er von einem «Strukturproblem», da es kaum mehr «Nischenarbeitsplätze» gebe. Sollte der Psychiatrieprofessor recht haben, dann würde dies allerdings heissen, dass die bisherige Sozialpolitik, die eben gerade darin bestanden hat, »Nischen« für Behinderte im Arbeitsmrkt aufzuspüren und sie mit ihnen zu besetzen, im wesentlichen gescheitert wäre.

Was ist eignelich eine «Nische»?

Die Online-Enzyklopädie Wikipedia meinte dazu:

»Das Wort Nische bedeutet im eigentlichen Wortsinne "Mauervertiefung", und wurde entlehnt aus dem französischen niche. Es wird darüberhinaus als Eigenschaft für Dinge gebraucht, die zwar im Allgemeinen selten sind, aber in einem begrenzten Gebiet ihre Berechtigung haben oder sogar sehr erfolgreich sind. Weitere bedeutungen sind:

Der Nischenbegriff in der Wirtschaftswissenschaft findet seinen Ursprung in der Biologie. Darwin führte 1859 den Begriff der ökologischen Nische im Rahmen seines biologischen Evolutionskonzeptes in die Wissenschaft ein.

Marktnischen und damit den aus der Perspektive der Angebotssicht bearbeitenden Unternehmen (Nischenkonkurrent, Nischenanbieter) wird eine hohe Rentabilität aufgrund spezifischer Nischeneconomies (im Gegensatz zu Economies of Scale und Scope) nachgesagt. Im Gegensatz zu Generalisten realisieren Nischenkonkurrenten ihreWettbewerbsvorteile durch Spezialisierung, Individualisierung und Konzentration«.

 

Und was hatte denn damals Darwin gemeint?

Wikipedia schreibt dazu, und schauen wir auch hier genau hin, folgendes:

»Die ökologische Nische einer Art umfasst alle biotischen und abiotischen Faktoren, die eineArt zum Leben braucht«.

 

Der Begriff der ökologischen Nische stellt also keinen Ort dar, also kein Habitat bzw. Biotop. Und so kommt es einem auch vor, wenn man den sogenannten zweiten Arbeitsmarkt betrachtet, als ein staatlich subventioniertes Spielen von »Markt«, das anderen Nischenplayern das Wasser abgräbt, als ein soziales Naturschutzgebiet für marginalisierte Menschen, die niemand mehr in der Normalität halten will, da sie so genanntn »leistungsschwach« seien.

 

Wissenschaftlicher formuliert, ist die ökologische Nische ein n-dimensionales Volumen in einem multidimensionalen Raum. Sie beschreibt als abstraktes Konzept die Gesamtheit der Interaktionen und Interdependenzen zwischen der Spezies und den abiotischen und biotischen Faktoren, beispielsweise Habitat, Stellung im Nahrungsnetz. Wir können auch einfacher sagen: Nischen sind spezifische sozialen Beziehungen, die sich hinsichtlich der Beschreibung anderer sozialer Beziehungen dahingehend unterscheiden als die Besetzer dieser Nischen sich im Hinblick auf die Partizipation an zentralen Statusdimensionen der Gesellschaft deutlich unterscheiden

 

Wikipedia fährt fort:

»Man kann häufig beobachten, dass die ökologische Nische einer Art bei Abwesenheit von Räubern und Konkurrenten vergrößert ist und umgekehrt. Konkurrenz, z.B. durch eingeführteallochtone Arten mit ähnlicher, überlappender ökologischer Nische, führt zu einer Verkleinerung der ökologischen Nische der ursprünglich vorhandenen Art. Dies hat zu den Begriffen fundamentale und realisierte ökologische Nische geführt.

Die fundamentale ökologische Nische beschreibt den durch die Umweltfaktoren definierten n-dimensionalen Raum, in welchem eine Art potentiell lebensfähige Populationen erhalten kann.

Die realisierte ökologische Nische ist der entsprechende Teilraum, der bei Anwesenheit von Konkurrenten und Räubern besetzt wird.

Wird die realisierte ökologische Nische zu klein, z.B. durch Einschleppung fremder Arten, so kann dies zum Aussterben einer Art führen.

Generell führt die Evolution (Biologie) tendenziell dazu, dass zwei verschiedene verwandte Arten unterschiedliche ökologische Nischen besetzen, da sie sonst einem erhöhtenKonkurrenzdruck ausgesetzt wären. Ein Beispiel dafür stellt die Spezialisierung derDarwinfinken auf Galapagos dar, die Charles Darwin zu seinen ersten Überlegungen zurArtbildung und zur Evolutionstheorie führte«.

 

Hoffen wir also, mit Nische sei so etwas gemeint, wie eine «Mauervertiefung» und nichts weiteres. Es gibt also immer weniger solcher «Nischen».

Aber es kommt noch dicker! Die Journalistin stellt fest, dass Personen in öffentlichen Verwaltungen stark von psychischen Erkrankungen betroffen sind. Der Psychiatrieprofessor antwortet darauf folgendes:

»Im öffentlichen Bereich beginnt das, was sich in derf Wirtschaft schon seit längerem abspielt – Abbau von Arbeitsplätzen und Umstrukturierungen. Die öffentlichen Betriebe sind nicht mehr ein Hort der Sicherheit. Menschen, die vorher auf Konstanz gesetzt haben, kommen mit den Neurungen nicht zurecht und leiden unter der Angst vor Arbeitsplatzverlust.

Halten die Leute heute nichts mehr aus?

Die Schweiz ist lange verschont geblieben von solchen Umwälzungen. Wir haben deshalb im europäischen Vergleich immer noch eher wenig IV-Rentner. Aber es trifft uns besonders hart. Die Verrentung ist ein Alamrsignal. Es gibt viele tüchtige Menschen, die weniger für Flexibilität, Mobilität, schnelle Entscheide oder Arbeit am Computer geschaffen sind als vielmehr üfr Beständigkeit und Treue. Und nun kommt dieser wirtschaftliche und sozioökonomische Umbruch« (NZZ, Nr. 252, 29. Oktober 2004, S. 15).

 

Als gutem Neoliberalem kommt einem hier schon mal der Frau Thatcher (einer früheren englischen Permierministerin) zugeschriebene Satz in den Sinn: «life is not always fair» und wenn wir schon bei ihr sind: «their is no such thing as a «society».

Blöd gegangen, wenn man halt ein tüchtiger und treuer Mensch ist, einer von denen mit Hundeblick, aber nicht geeignet für schnelles Lernen und Entscheiden. Sie könnten vielleicht anders. Sie würden vielleicht ihre Worte abwägen, weil sie ihnen nicht so leicht von den Lippen fliessen und vielleicht würden sie sich einfach freuen, dass sie am Leben sind, wer weiss.

 

Was auffällt an diesen Diskursen ist die vollständige Konzentration auf die sogenannten Einzelnen, das Beschreiben bestimmter Defizite, die erklären sollen, weshalb diese einzelnen Menschen aus dem Arbeitsprozess herausfliegen und schliesslich ein moralischer Appel an irgendwen, doch etwas für diese Menschen zu tun.

Diese Menschen werden im Diskurs jetzt nicht mehr «behindert» genannt. Ob das ein Zugewinn ist, das bleibt vorderhand offen. Was nicht explizit gesagt wird, was ich aber als einen Subtext dauernd mitlese, ist die nicht gemachte Aussage, dass dieses Wirtschaftssystem, das bei uns besteht, einfach viele Menschen nicht gebrauchen kann. Punkt. Schluss.

 

Warum wird das nicht offen und öffentlich gesagt? Dann könnte man über dieses wirtschaftliche System auch wieder streitenm, aber so? Was ist denn ein Wirtschaftssystem, ist das Wirtschaften nicht das Mittel, damit wir leben können, ist es inzwischen zum Zweck geworden und produziert deshalb «nicht mehr brauchbare» Menschen, die «wir» wegen der Wahrung ihrer Menschenwürde «beschützen» müssen, allerings meist ohne nach ihrem Wunsche und Willen zu fragen?

 

Es ist die gleiche Geschichte wir mit den olympischen Spielen und den Parolympics. Sie finden zwar am selben Ort aber nicht zur gleichen Zeit statt. Die einen werden vor den anderen »beschützt«. Weshalb eigentlich?

Auch im Behindertensport ist Doping ein Thema, die würden alle gut zusammenpassen.

Für Behinderte sind «geschützte« Arbeitsplätze gut, denn eine Integration in das, was Arbeitsmarkt genannt wird, kann nicht erfolgen, da dieser Arbeitsmarkt, die Arbeitskraft zentrifugiert.

Was nicht den Anforderungen der Kapitalverwertung, die sich ausdrückt im Ebit, nicht zu genügen vermag, der wird an den Rand gepresst und schliesslich ausgestossen, ausgewürgt, in die Gesellschaft zurückerbrochen, und irgendwer ist aufgerufen, die Schweinerei aufzuputzen, niemand aber ruft mehr dazu auf, sie abzustellen.

Mehr Information findet sich in der Rubrik »Wirtschaft«.

Die Schlagzeile auf S. 21 (NZZ, Nr. 253, 29. 10. 04) heisst dort: »Volkswagen ringt um deutsche Arbeitsplätze. Bekräftigte Gewinnprognose - harte Tarifverhandlungen«, irgendwo im Artikel heisst es: »Der harte Wettbewerb, die weltweiten Überkapazitäten, die kritischer gewordenen Kunden gewähren Masenherstellern mit ungeünstigen Kostenstrukturen keine Marge mehr, auch wenn deren Mittelklasseautos noch so gut sind«. Interessant ist in diesem Zusammenhang, dass offentsichtlich sehr verschiedene Vorstellungen darüber bestehen, wann ein Auto »gut«, dem Käuferverhalten zu entnehmen scheint nur, dass Energieeffizienz noch kaum je ein Kriterium für einen Autokauf abgegeben hat.

Im Feuilleton derselben Zeitung auf S. 45 wird erklärt unter dem Titel »Krisenstimmung und Krisenbewusstsein«:

»Ökonomisches Denken – manche schelten: Der Ökonomismus – beherrscht die Reformdebatte. Die Frage nach dem, aristotelisch verstandnen »guten Leben«, mit dem uns die Liberalismus-Kommunitarismus-Debatte vor einem Jahrzehnt noch behellligen durfte, hat den Anschein des Obskuren erhalten. Man spricht noch darüber, Arbeit zu sichern, aber nicht mehr davon, sie zu teilen. Wer hängt noch Sätzen nach wie: »Gesetzt, wir hätten als Menschen produziert: Jeder von uns hätte in seiner Produktion sich selbst und den anderen doppelt bejaht«?

Worte aus dem 19. Jahrhundert, erkaltete Visionen. Vorstellungen vom guten Leben, die nicht an ökonomische Prosperität, an mehr Waren und erhöhten Konsum geknüpft sind, gelten schlicht nicht als «politikfähig».

Ich bin selbstverständlich versucht zu rufen, ich, ich denke noch an solche Sätze.

Aber wenn ich mich umblicke, dann merke ich, wie einsam ich damit werde, und ich verstumme, vergrabe mich noch tiefer ins Denken und stelle mir vor, dass die Zeit kommen wird, wo über solche Sätze wieder gesprochen wird, wo aus zeitlicher Distanz mit aller Selbstverständlichkeit wieder gesagt werden kann, dass diese Art der Perspektivenlosigkeit ja etwas zu tun hat mit einer Struktur und einer Zyklizität und einem bestimmten Ort und einer bestimmten Zeit in dieser Zyklizität und Struktur.

Es braucht dennoch eine geistige Anstrengung, sich den Kopf jedesmal nach der Zeitungslektüre wieder frei zu machen. Die Zeitungen nicht mehr zu lesen, wäre keine Alternative.

Der Autor des Artikel, Joaschim Günther, schreibt: »Die Globalisierung hat das Kampfmittel Streik entwertet. Zu streiken nützt nur, wenn der Unternehmer auch wirklich über jene Arbeitskraft verfügen möchte, die man ihm streikend entzieht. Streiks von Leuten, die ohnehin entlassen werden sollen, weil die Produktion an billigere Standorte im Ausland verlagert wird, entbehre der Macht« (NZZ, Nr. 253, 29. 10. 04, S. 45).

Solche Massenaktionen sind nur noch dazu da, die üblichen zwei Minuten Aufmerksamkeit in den Nachrichtenmagazinen der Fenrsehstationen zu erlangen, vielleicht interveniert auch die Regierung, aber was will eine Regierung schon ausrichten gegen die strukturellen Zwänge der kapitalistischen Wirtschaft?

Der Kapitalismus hat sich längst aus den Armen der polilitschen Regimes befreit.

Produziert muss ganz einfach dort werden und auf eine Art und Weise, die Gewinn bringt.

Alles andere ist noch tödlicher, als die mördersiche Konkurrenz, der jeder wirtschafliche handelnde Akteur ausgesetzt ist und zu der er unablässig durch sein Handeln beiträgt.

Forschritt ist in viellerei Hinsicht nichts anderes als ein Hamsterrad.