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Institutionsberatung ist einerseits die systematische und kontinuierliche Arbeit in und mit Institutionen, die sich in einem Veränderungsprozess befinden, während einer fixierten Dauer dieses Veränderungsprozesses. Andererseits kann Institutionsberatung auch mit einem kürzeren Zeithorizont stattfinden, dort wo es um Interventionen geht, die punktuell einen spezifischen Zeitabschnitt und/oder ein besonderes Thema behandeln.
Niemand kann zweimal in den gleichen Fluss steigen; alles fliesst (panta rei), sagt der griechische Philosoph Heraklit. Der Fluss ändert sich und der Mensch, der in ihm badet, auch. Diese alte Weisheit gilt heute nicht weniger als vor zweieinhalbtausend Jahren als sie formuliert wurde. Gerade heute kann man sogar leicht den Eindruck gewinnen, ihre Wahrheit sei so treffend wie kaum je zuvor. Alles scheint sich in den letzten Jahren zu bewegen, ist der Veränderung unterworfen. Wer heute auf dem Markt bestehen will, braucht Innovation, Beweglichkeit und Lernfreude. Und er braucht auch strategische Orientierung, um seinen Veränderungsprozess im gewünschten Sinne zu meistern. Institutionsberatung hilft Betrieben und Einrichtungen ihr Innovationsproblem zu lösen.

Veränderung bewegt


Organisationen, die Lernschritte durchführen, sind dabei, sich zu verändern. Diese Veränderungsprozesse beinhalten meist auch eine Veränderung der Macht-, Einfluss- und Kompetenzverhältnisse. Alte starre hierarchische Systeme werden aufgebrochen zugunsten von flexiblen Netzwerken, in denen die Akteure einen hohen Grad an Selbstverantwortung übernehmen. Dort wo aber viel Selbstverantwortung übernommen wird, stellt sich in neuer Art und Weise das Problem des fachlichen Zusammenführens, damit arbeitsteilige Aufgaben produktiv gelöst werden können. Die alte Frage nach der «richtigen» Führungsmethode stellt sich wieder neu, ohne, dass sie wirklich befriedigend beantwortet werden kann, wenn man sie als Frage der Führung betrachtet.
Die unmittelbare fachliche Beratung, die sich auf technische, wirtschaftswissenschaftliche oder pädagogische Schwerpunkte konzentriert, reicht heute nicht mehr aus, um eine Innovation der Institutionsstruktur zustande zu bringen. Konzepte, die realisiert werden sollen, rufen Veränderungswiderstände hervor und drohen zu scheitern, wenn diese nicht in geeigneter Art und Weise bearbeitet werden.

Kommunikation & Führung


So sind Kommunikation und Führung zu Schlagworten geworden. Die Dynamik zwischen «Ich» und «Wir» ist neu entdeckt worden. Der soziale Ort wo das «Ich» und das «Wir» sich treffen, einander erzeugen und sich aneinander reiben, ist die Gruppe, das Team, die Equipe.
Teamfähigkeit und das Training sozialer Kompetenzen sind heute die grossen Herausforderungen jeder Personalführung. Institutionsberater müssen deshalb ein Verständnis für die in einem Betrieb oder einer Institution verfolgten Zielsetzungen entwickeln, denen die Zusammenarbeit der verschiedenen Gruppen einer Institution unmittelbar dient. Darüber hinaus müssen sie etwas von sozialen Systemen verstehen, von Rollen- und Arbeitsteilung von Informationsaustausch und Kooperation in grossen und kleinen sozialen Verbänden und Gruppen.

Soziologie & Psychologie


Vor allem müssen Institutionsberater aber in der Lage sein, solche soziologischen Gesichtspunkte mit psychologischen in Beziehung zu setzen: Sie müssen einen Blick für die seelische Situation, die Bedürfnislagen, Interessen, Fähigkeiten, Einstellungen und Reaktionsweisen der in der betreffenden Institution miteinander in sozialen Beziehungen stehenden Menschen und Gruppen haben.
Institutionsberatung integriert diese Aspekte. Sie ist deshalb mehr als die lehrmässige Übermittlung von theoretischem Wissen oder Erfahrungswissen.

Widerstand gegen Veränderung


Institutionsberatung steht und fällt mit der Kunst und mit der Möglichkeit, eine tragfähige und vertrauensvolle Beziehung zwischen dem Berater und der betreffenden Institution herzustellen. Erst in dem Masse als dies gelingt, kann Institutionsberatung helfen, der Institution ihr Innovationsproblem zu lösen. Diese tragfähige und vertrauensvolle Beziehung kommt durchaus nicht immer zustande.
Die die Institutionen ausmachenden Menschen sind in der Regel sehr unterschiedlich stark motiviert, sich auf Veränderungen ihrer Autoritätsstruktur und Kooperationsweise, und damit auf eine diesbezügliche Institutionsberatung einzulassen. Die sozialen Struktur- und Organisationsschwierigkeiten von Wirtschaftsunternehmen wirken sich früher oder später auf die ökonomischen Bilanzen aus und haben daher eine hohe Chance, von der Unternehmensleitung ernst genommen zu werden. Deshalb kann der Institutionsberater unter bestimmten Bedingungen hier damit rechnen, dass man sich auf einen Kontakt mit ihm einlässt.

Problemklärungsverfahren


Wenn eine Beratungsbeziehung zustandekommt, dann ist es die erste Aufgabe des Institutionsberaters, in Zusammenarbeit mit der betreffenden Institution eine Diagnose der bestehenden Probleme und Schwierigkeiten zu erarbeiten. Es spielt keine Rolle ob die Diagnose anhand von Beobachtungen, Interviews, Umfragen oder der Auswertung schon erhobener Daten erstellt wird. Entscheidend ist, dass der Klient, über die Zusammenarbeit mit dem Institutionsberater veranlasst wird, zu einer klaren Formulierung der Problematik zu finden. Zur Diagnose sollten möglichst viele Beteiligte beitragen. Dazu dienen eine Reihe von Techniken, die in der Institutionsberatung entwickelt und erprobt worden sind. Sie laufen darauf hinaus, die mehr oder weniger verhüllten Konflikte der einzelnen Gruppen (das in der Institution latent bleibende), von diesen selbst aufdecken zu lassen, und damit der offenen und gemeinsamen Diskussion zugänglich zu machen. Die einzelnen Gruppen werden zu einer ausdrücklichen Artikulation ihrer Probleme und Schwierigkeiten veranlasst. Aus solcher Artikulation ergibt sich meist schon ein erster Hinweis auf die Ursachen der Probleme.

Die Veränderung aushalten


Es gehört zur Aufgabe des Institutionsberaters, einen solchen Prozess in Gang zu setzen und dafür zu sorgen, dass Angst, Wut, Hilflosigkeit und Resignation nicht zu chaotischen Situationen oder zum Abbruch des Klärungsprozesses führen. Gelingt es einen Konflikt- und Problemklärungsprozess in Gang zu halten, ergibt sich eine zweite Phase: die der gemeinsamen Problemerörterung in dafür geeigneten Gruppenarrangements mit dem Suchen von Problemlösungen. Die Kunst des Institutionsberaters besteht darin, diese Prozesse zu begleiten und zu fördern. Dabei achtet er auf die Problemlösungskapazität der betreffenden Gruppen bzw. Rolleninhaber und deren Belastungsfähigkeit. Die Wirksamkeit dieses Verfahrens beruht darauf, dass das Offenlegen von Gruppenspannungen, -konflikten und -schwierig-keiten und der hinter ihnen verborgenen Bedürfnisse, Einstellungen und Verfahrensweisen mit anschliessender gemeinsamer Untersuchung und Erörterung das Entdecken und Erfinden von Lösungen zu fördern, die vorher nicht erkannt waren oder nicht praktikabel erschienen.

Nur wer weitergeht kommt ans Ziel


Die Hauptschwierigkeit der Institutionsberatung besteht weniger darin, solche Prozesse zu begleiten und zu steuern, als sie überhaupt erst einmal in Gang zu setzen. Denn sie haben eine zusätzliche emotionale und zeitliche Belastung der Akteure zur Folge. Alle die zusätzlichen Sitzungen und Gespräche selbst sind noch keine Garantie für einen Erfolg. Die Absicht, über die gemeinsame Situation nachzudenken, die eigenen Bedürfnisse, Interessen, Einstellungen und Befürchtungen einzugestehen, die heimlich erworbenen Privilegien und die heimlich entwickelten Tricks, mit der Situation fertig zu werden, sie in Frage zu stellen, ruft oft starke Widerstände hervor.

Zusammen arbeiten


Problemklärungs- und Lösungsverfahren zielen auf Kooperation innerhalb arbeitsteilig gegliederten Gruppen, und zwischen Gruppen verschiedener Funktionen innerhalb einer Institution, anstelle von offenen und verdeckten Machtkämpfen.
Diese Problemlösungsverfahren wollen Machtkämpfe durch aufgabenzentrierte Auseinandersetzungen ersetzen, bei denen Bedürfnisse, Interessen, Stärken und Schwächen, Einstellungen zur Arbeit der eigenen Gruppe und derjenigen der anderen Gruppen offengelegt, ausgetauscht und diskutiert werden. Andererseits können Machtstrategien auch von der Institutionsberatung angewandt werden. Machtstrategien beruhen im wesentlichen auf einer Veränderung von Abhängigkeitsverhältnissen, auf Drohung, Einschüchterung und dosierter Schädigung des Gegners, auf Verheimlichung der wirklichen Ressourcen, Übertreibung der eigenen Machtmittel, Verhüllung der eigenen Möglichkeiten und wirklichen Absichten gegenüber dem Gegner und der geschickten Handhabung von Koalitionen - vor allem auf der Manipulation von Ungewissheit.

Aus der eigenen Erfahrung lernen


In vielen Fällen führt die Institutionsberatung früher oder später zur der Einsicht der beratenen Institution, dass ihr Personal nicht genügend vorgebildet ist, um den neuen Anforderungen zu entsprechen. Es haben sich vor allem zwei Methoden sehr gut bewährt, dieses Fortbildungsproblem zu lösen: das Laboratorium und die "Supervision". Supervision ist ins Deutsche auch als Praxisanleitung oder Praxisberatung übersetzt worden. Alle drei Begrifflichkeiten sind unscharf und zielen am eigentlichen Thema vorbei.
Es geht darum, aus der eigenen Erfahrung zu lernen.

Selbstreflexion


Solche Lernprozesse können in Organisationen durch das Anbieten von selbstreflexiven Routinen stattfinden. Diese sind definiert durch ein bestimmtes Setting, das durch eine ausserhalb der Organisation stehende Person garantiert wird. Es hat sich als sinnvoll erwiesen, Veränderungsprozesse in Institutionen im Rahmen solcher Settings durchzuführen. Auf diese Weise kann ihre Entwicklung beobachtet, untersucht und reflektiert werden und ihre Zielorientierung wird beibehalten.

Literatur zur Institutionsberatung: 
Peter Fürstenau, ein deutscher Soziologe und Psychoanalytiker hat sich seit vielen Jahren mit Fragen der Institutionsberatung auseinandergesetzt und nimmt im nachstehend genannten Aufsatz, eine Systematisierung vor. Der vorliegende Text nimmt bezug auf: 
Fürstenau,P. (1979). Zur Theorie psychoanalytischer Praxis: Psychoanalytisch-sozialwissenschaftliche Studien. Stuttgart: Klett-Cotta. S. 201 - 216.